Am Sonntag der Taufe Jesu und damit dem Start seiner öffentlichen Arbeit, dem 8. Januar 2023, nach 45 Jahren als evangelikaler Christ, wurde ich von Abuna (Pater) Zmargdos in der syrisch-orthodoxen Kirche St. Mary's in Glendale, Arizona, chrismatisiert (gefirmt), d.h. mit heiligem Chrisam Öl, oder Myron-Öl, zum Konfirmieren durch den Heiligen Geist gesalbt. Die Syrisch-Orthodoxe Kirche von Antiochien ist die zweitälteste Kirche nach der Kirche von Jerusalem. Apostelgeschichte 11:26 beschreibt, dass die Gläubigen in Antiochien zuerst Christen genannt wurden.


Mehrere Freunde haben mich auf diesem Weg zur Orthodoxie enthusiastisch unterstützt. Andere haben entweder direkt oder privat nach dem „Warum“ gefragt, in der Annahme, ich würde mich vom biblischen Glauben entfernen. Es ist Zeit zu erklären. Wieder andere haben angefangen, mich zu ignorieren oder mich vielleicht abgeschrieben. Um meinen Weg zur Orthodoxie zu erklären, beschloss ich, einige der Schlüsselmomente aufzuschreiben.
Im August 2021 begann ich meine Doktorarbeit in Interkulturellen Studien an der Columbia International University. Nach einiger Überlegung entschied ich mich für mein Thema, die aus der Region Tur Abdin im Südosten der Türkei stammenden aramäischen Familien syrisch-orthodoxen Glaubens in Deutschland sowie die Glaubensentwicklung zu untersuchen, insbesondere die, der zweiten und dritten Generation und in Deutschland geboren. Als ich anfing, wusste ich so gut wie nichts über diese Glaubensgemeinschaft und die Einzelheiten ihres Glaubens. Ich wusste auch, dass ich als Missiologin herausfinden musste, wie ich Christus in dieser Gemeinschaft weitergeben konnte.
Ich lebe im Norden von Arizona. Meine Forschungsgruppe lebt in Deutschland. Wie konnte ich sie am besten erreichen? In und um meine Heimatstadt Gießen leben 1.500 aramäische Familien. Als meine noch dort lebende Schwester von meiner Recherche erfuhr, machte sie sich auf die Suche nach Interviewpartnern in der aramäischen Gemeinde für mich. Durch den allerersten, einen netten und freundlichen Besitzer einer Eisdiele, wurde ich zu Diakon Yuhanun Savci in der Mor Had Bschabo Kirche in Pohlheim-Hausen geführt, wo meine Schwester lebt.
Ein paar kurze Tage später traf ich Diakon Yuhanun in der Kirche. Wir hatten einen wunderbaren Einstieg, in dem wir ein bisschen voneinander lernten, und er ging dann dazu über, meine Interviewfragen zu beantworten und mich durch die Kirche zu führen. Ich ging weg von diesem Gespräch und war zuversichtlich, dass ich meine Interviewreihe mit der besten Person begonnen hatte, mit der ich hätte beginnen können. Ich fand einen Mann mit tiefem Glauben und unglaublichem Wissen sowohl über die Bibel als auch über die syrisch-orthodoxe Kirche. Kurze Zeit später erschien Diakon Yuhanun, der während seiner Arbeitswoche Religionslehrer an örtlichen Schulen ist, im Haus meiner Schwester mit einem ganzen Stapel Blätter, die seine Schüler aus den Interviewfragen beantwortet hatten, die ich ihm gegeben hatte. Als ich ihre anonymen Antworten las, lernte ich noch mehr.


An einem der folgenden Tage wurde ich zur Kirchenchorprobe in die Kirche eingeladen (der Chor besteht sowohl aus jungen Mädchen als auch aus Frauen). Aufgrund einiger Missverständnisse war es ein wenig besuchter Abend, aber ich konnte mit zwei der Frauen dort sprechen und noch mehr Einblicke gewinnen. Noch wichtiger ist, dass ich Sare Aksoy dort zum ersten Mal traf. Sofort wurde mir klar, dass ich eine Frau auf meiner spirituellen Wellenlänge gefunden hatte. Ich hätte die ganze Nacht mit ihr über ihren tiefen und beständigen Glauben sprechen können. Leider hatte Diakon Yuhanun ein Treffen mit einigen Männern der Kirche und wir mussten aufhören zu plaudern. Ich ging nach Hause, tief beeindruckt vom wunderbarsten Ausdruck der Liebe zu Christus, der ich gerade begegnet war.
Damit hatte ich ehrlich gesagt nicht gerechnet. Ich hatte Routinegebete und Traditionen erwartet, aber nicht viel „lebenden“ Glauben. Ich fand in den nächsten Monaten heraus, wie unglaublich falsch ich lag und wie viele Karikaturen ich von orthodoxen Christen gezeichnet hatte. Ich hatte Haken, Schnur und Senkblei einfach abgebissen und geschluckt, was mir meine negativen Erinnerungen an die katholische Kirche, in der ich aufgewachsen war, hinterlassen hatten. Aber wenn ich ehrlich bin, hatte ich während meiner Bachelorarbeit am Providence College bereits katholische Priester und Nonnen getroffen, die einfach nicht in diese Karikaturenschablonen passten.
Diakon Yuhanun nahm sich nach meiner Rückkehr in die USA enorm viel Zeit, um meine Fragen zu beantworten. Er begegnete auch mit großer Geduld meinem Stochern gegenüber dem, was ich immer noch als fehlerhafte Lehren empfand. Man nehme zum Beispiel meine Infragestellung der syrisch-orthodoxen „Marienverehrung“. Ohne zu zögern, erklärte er vorsichtig, dass die orthodoxen Gläubigen Maria nicht anbeten, sondern sie verehren – ein gegensätzliches Konzept. Die Anbetung war allein dem dreieinigen Gott vorbehalten, wie Diakon Yuhanun erklärte. Maria wurde verehrt, was bedeutet, dass sie aufgrund ihrer Rolle als Yoldath Aloho, wörtlich die „Geburtsgeberin Gottes“, erhöht wurde. Maria wird in der östlich-orthodoxen Welt Theotokos genannt.
Die orthodoxen Gläubigen sehen sie sowohl als lebendig mit Christus als auch in der Rolle der Königinmutter. Für jeden, der das Alte Testament studiert hat, ist die Rolle der Königinmutter in den Abstammungslinien der Könige von Israel und Juda überdeutlich. Die Frau/Frauen des Königs waren in Regierungsangelegenheiten nicht annähernd so sichtbar wie die Mutter des Königs. Nach und nach und mit großer Geduld zerlegte Diakon Yuhanun die Argumente, die ich hatte. Er führte mich zurück zur biblischen Schrift. Er wies darauf hin, was die Kirchenväter geschrieben hatten.
Nach der Rückkehr in die USA, fing ich vermehrt an, über meine Vorurteile gegenüber der Orthodoxie nachzudenken. Sie begannen, als ich Nick heiratete, und die griechisch-orthodoxe Anbetung, der ich sporadisch begegnete, schien starr und nicht vom Geist geführt. (Nick liess die orthodoxe Kirche hinter sich, als wir heirateten.) Ganz zu schweigen davon, dass ich kein Wort verstehen konnte. Jetzt wollte ich nochmal darüber nachdenken. Diakon Yuhanun hatte mich dazu gebracht, innezuhalten und über das Geteilte nachzudenken. Viel Gebet und Bibellesen gingen in die nächsten Wochen hinein. Ich hatte auch einen Hinweis auf ein älteres Buch von Mark Shea mit dem Titel „By What Authority“ (“Durch welche Autorität") gefunden. Ich kaufte es gebraucht für ein paar Dollar und verschlang es buchstäblich. Mark kam aus dem Evangelikalismus und wurde katholisch. Seine Schlussfolgerungen erschütterten meine Welt. Wie Lee Strobel es in „The Case for Christ“ (Der Fall Jesus”) getan hat, hat Mark seine Untersuchung sehr methodisch und fast wie ein Rechtsanwalt durchgeführt, und seine Analyse war gründlich. Sein Ausgangspunkt war die Frage nach der Rolle der Tradition, und die Lektüre seines Buches machte deutlich, dass ich an die Tradition glaubte und sie unterstützte, ohne es zu merken.
Ich hatte neulich die Didache, das wohl älteste patristische Dokument, erneut gelesen. Die Didache („Lehre“) ist der Kurzname eines christlichen Handbuchs, das vor 300 n. Chr. zusammengestellt wurde—wahrscheinlich wurde es Ende des ersten oder Anfang des zweiten Jahrhunderts geschrieben. Der vollständige Titel lautet Die Lehre der Zwölf Apostel. Mir wurde klar, wie viel von dem, was ich als Christ im Pro-Life-Bereich glaube, direkt aus dem dortigen Geschriebenen stammt, viel mehr als aus den tatsächlichen Seiten der Heiligen Schrift. Dies war nur ein Beispiel, das mich veranlasste, die Schriften der Kirchenväter erneut zu lesen. Mir wurde klar, dass meine Lektüre der Kirchenväter im Seminar immer sehr selektiv und auf das beschränkt war, was das unterstützt, was ich heute „die protestantische Narrative“ nenne. Die erneute Lektüre der Kirchenväter machte überdeutlich, wie viele Teile dieser Lektüre in meinem ursprünglichen Lesen fehlten, z. B. die klar definierten Kirchenhierarchien und die apostolische Sukzession, die bereits kurz nach Christus und in einigen Fällen vor der Festlegung des Kanons der Heiligen Schrift sichtbar waren.
Als mir von all diesem neuen Wissen der Kopf schwirrte, sehnte sich mein Herz danach, am orthodoxen Gottesdienst teilzunehmen. Ich erkannte, wie das Geheimnis Gottes in der Liturgie so hervorsticht, und ich sehnte mich wirklich danach, Gott auf diese mystische Weise besser kennenzulernen. Ich konnte die syrische Liturgie nicht verstehen, aber Diakon Yuhanun versorgte mich immer wieder mit PDF-Dateien, die ich selber studieren konnte, um der Liturgie folgen zu können. Sehr schnell war klar, dass die verwendete Liturgie nicht nur uralt war, sondern dass sie vollständig auf der Heiligen Schrift basierte. Es gab einfach keine Trennung zwischen Tradition und Schrift. Tradition wurde immer durch die Schrift bestätigt.
Bei einem weiteren Besuch in Deutschland traf ich Mor Philoxenus Mattias Nayis, den Erzbischof der Syrisch-Orthodoxen Kirche in Deutschland. Diakon Yuhanun brachte Sare und mich nach Warburg nach Dayro d’Mor Jakob, dem Kloster St. Jakob von Sarug und Sitz der Erzdiözese Deutschland. Das Treffen mit Sayedna (dem Erzbischof) war ein weiterer Moment, der deutlich machte, dass ich es mit einem Christen mit tiefem und gelebtem Glauben zu tun habe, einem Mann, der in all seiner Kommunikation die Liebe und den Frieden Christi ausstrahlt. Ich konnte a den Abendgebeten im Kloster teilnehmen, und wahrscheinlich war in diesem Moment mein Herz versiegelt, um die Wahrheit des uralten orthodoxen Glaubens anzunehmen, der allein in Christus Jesus verwurzelt ist.




Ein paar Tage zuvor half mir eine andere Begegnung auf meinem Weg. Auf Empfehlung von Diakon Yuhanun fuhr ich zum koptischen Kloster St. Antonius in Kröffelbach, Deutschland. Dort traf ich Abuna Makarius, einen koptischen Mönch, der seit 1998 im Kloster war. Abuna Makarius beantwortete viele meiner Fragen und wies mich mit jeder Antwort wieder auf Christus hin. Er erklärte mir noch einmal die Verehrung Mariens und der Heiligen. Sie repräsentieren die Triumphierende Kirche, diejenigen, die uns vorangegangen sind, um mit Christus zu sein. Wir, die Militante Kirche, bleiben. Die Triumphierende Kirche ist die „Wolke der Zeugen“, die uns anfeuert, von der wir im Buch Hebräer lesen. Sie sind da, um mit uns für das zu beten, wofür unser Herz verlangt. Es ist, als würde man einen Freund bitten, mit einem für etwas zu beten. Auf die gleiche Weise sieht der orthodoxe Glaube die verstorbenen Heiligen als mit Christus lebendig und vollkommen in der Lage, mit uns zu beten. Sie sind nicht diejenigen, an die Gebete gerichtet sind; vielmehr vertreten sie, wie unser Freund, der hier mit uns auf der Erde lebt, unseren Fall mit uns vor Christus. Es gibt keinen anderen Mittler zwischen Gott und den Menschen als den Menschen Christus Jesus. Aber eine Gruppe von Freunden mit Einfluss in hohen Positionen schadet sicherlich nicht! Wenn ein Gebet erfüllt wird, geht das Lob trotzdem an Gott.


Abuna Makarius schickte mich mit einem Haufen Bücher los, die meisten davon geschrieben vom verstorbenen Papst Shenouda III, dem koptischen Patriarchen, der 2012 starb. Er war ein produktiver und tiefgründiger Schriftsteller, und seine Bücher halfen, weitere Fragen zu beantworten. Papst Shenouda hat eine vergleichende Theologie geschrieben, die äußerst hilfreich war. Bei jedem Thema, das von Protestanten in Ägypten hinterfragt wurde, zeigte er, woher die biblische Unterstützung kam. Ein anderes Buch, das Abuna Makarius mir gab, befasste sich mit der Rolle der Priesterschaft. Außerdem teilte er mir mehrere Buchtitel über Evangelikale mit, die zur Orthodoxie gekommen waren. Viele diese Bücher habe ich jetzt gelesen oder sie liegen auf meinem Nachttisch. Es ist nicht selten, dass Protestanten Orthodoxie finden! Das war mir bis dahin nicht klar. Ich war kein Einzelfall.
Viele, viele weitere Gespräche, Lesungen, Gebete und tiefe Gedanken flossen in die Entscheidung, der Syrisch-Orthodoxen Kirche beizutreten. Es war nicht einfach, Mitglied zu werden. Die griechisch- oder russisch-orthodoxen Pfarreien hier in den USA sind viel besser aufgestellt, um Katechumenen (diejenigen, die konvertieren möchten) aufzunehmen. Für mich war es fast ein Akt Gottes, wie ich gerne sage! Nun, es brauchte zwei Erzbischöfe (Mor Philoxenus Mattias Nayis und Mor Clemis Eugene Kaplan, der Erzbischof der Diözese der westlichen USA), mehrere Abunas (Priester), ein paar Diakone, einen Lehrer an der Agora-Universität und wahrscheinlich genauso viele Gebete für mich. Aber hier bin ich nun seit dem 8. Januar ein gefirmtes Mitglied der syrisch-orthodoxen Kirche, die sich über den alten Weg freut, dem sie jetzt folgt. Ich fühle wirklich, dass ich jetzt Gott mit all meinen Sinnen anbete, und meine Hingabe an Jesus Christus hat sich verzehnfacht.
In Jeremia 6:16 heißt es: „Also spricht der Herr:
Tretet hin an die Wege und schauet
und fraget nach den Pfaden der Vorzeit,
welches der gute Weg sei, und wandelt darauf,
so werdet ihr Ruhe finden für eure Seelen!
Sie aber sprechen: „Wir wollen ihn nicht gehen!”“
Ich freue mich sagen zu können, dass ich darin gehen WERDE.


